Freitod - Weblog zum Selbstmord
[mit unsäglich origineller GIF-Animation]
 
Samstag, 25. Januar 2003


In die Freiheit

Der Ausgang aus dem Leben ist euch leichter gemacht als der Eingang. Jeder Augenblick, jeder Ort kann euch lehren, wie leicht es sei, der Natur den Dienst aufzukündigen und ihr Geschenk heimzuzahlen... Sieh dich nur um, überall kannst du dein Elend endigen. Siehst du jene steile Stelle? Dort hinab geht's in die Freiheit! Siehst du jenen kleinen, dürren, verkrüppelten Baum? An ihm hängt die Freiheit! Dein Hals, deine Kehle, dein Herz: lauter Wege, der Sklaverei zu entrinnen. Sind dir diese Auswege zu qualvoll, fordern sie zuviel Mut und Kraft, fragst du nach dem leichtesten Weg zur Freiheit: Jede Ader deines Körpers ist ein solcher Weg! (Seneca)


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Freitag, 24. Januar 2003


Antunes: Die Vögel kommen zurück

"Menschen, die vergebens nach einem Sinn des Lebens suchen", bemerkte der Psychologe, während er sorgfältig mit dem Bleistift Kreise auf ein Blatt Papier zeichnete, "sind immer potentielle Selbstmörder. Früher oder später wirft sie die Leere des Alltags in Ängste, wie eingesperrte Ratten in einem Versuchslabor, und dann haben wir die Tabletten, das Gas, den Strick, die Kugel, die Schwefelsäure, die achten Stockwerke, das Messer, den Strom, den Viadukt, die Pestizide von den Weinbergen, das Öl, das Meer: ihre Phantasie, meine Damen und Herren, kennt im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen." (Antonio Lobo Antunes: Die Vögel kommen zurück, S. 85)


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Donnerstag, 23. Januar 2003


Flüchtling erhängt sich aus Angst vor Abschiebung

"Aus Angst vor seiner drohenden Abschiebung hat sich der yezidische Flüchtling David Mamedov in seiner Wohnung im nordrhein-westfälischen Schloss Holte erhängt. David Mamedov war im Jahr 1996 nach schweren Misshandlungen mit seiner Familie aus Georgien in die Bundesrepublik geflohen." [Frankfurter Rundschau]


Freitag, 17. Januar 2003


Compton-Burnett: Männer und Frauen (2)

"Für mich war es immer ein Beweis für die Gleichheit der Geschlechter, daß Frauen ebensogut Selbstmord begehen wir Männer", sagte Geraldine mit einem Anlauf von Kühnheit. "Ich habe absolut nichts gegen Selbstmord, nur gegen das Hinterlassen von Briefen", sagte Mellicent. "Es ist ungezogen, einen Brief zu schreiben, und sich zugleich dem Risiko einer Antwort nicht zu stellen. (Ivy Compton-Burnett: Männer und Frauen, S. 116)


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Donnerstag, 16. Januar 2003


abschiedsbrief an leonard woolf, 28.3.1941

"I feel certain that I am going mad again. I feel we can't go through another of those terrible times. And I shan't recover this time. I begin to hear voices, and I can't concentrate. So I am doing what seems the best thing to do. You have given me the greatest possible happiness. You have been in every way all that anyone could be. I don't think two people could have been happier till this terrible disease came. I can't fight any longer. I know that I am spoiling your life, that without me you could work. And you will I know. You see I can't even write this properly. I can't read. What I want to say is I owe all the happiness of my life to you. You have been entirely patient with me and incredibly good. I want to say that - everybody knows it. If anybody could have saved me it would have been you. Everything has gone from me but the certainty of your goodness. I can't go on spoiling your life any longer."


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über das hinunterschlingen unverdaulicher dinge

"eine junge adelige polin ward in folge unglücklicher liebe des lebens überdrüssig, und suchte sich durch niederschlingen unverdaulicher dinge zu tödten. sie starb, nachdem sie dieß fünf monate lang gethan hatte, und nachdem - aber zu spät um noch hülfe schaffen zu können - die lust zum leben wieder bei ihr erwacht war. bei der leichenöffnung fand man in ihrem magen: 4 schlüssel, 1 großes und zwei kleine messer, 13 silberne, 2 kupferne und 4 messingene münzen, 20 eisene nägel, die bruchstücke von 6 zinnernen und einem messingenen löffel, 2 silberne löffelstiele, 7 eisene fensternägel, ein messingenes kreuz, einen eisenen knopf, 101 stecknadeln, einen stein, 3 stücken glas und 2 paternosterkügelchen. alles zusammen wog 2 pfund und 12 loth."

(carl. a. diez: der selbstmord, seine ursachen und arten, vom standpunkte der psychologie und erfahrung dargestellt. mit 1 tabelle. 1838.)


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Montag, 13. Januar 2003


Suicide Machine

"Customs agents seized it in Australia, but that's not stopping Dr. Philip Nitschke from building another. Another suicide machine, that is. Nitschke plans to build another machine for people to kill themselves after his prototype was seized in an Australian airport. Dr. Nitschke said agents in Sydney seized his COGen machine as he prepared to leave for California to unveil the device before a meeting of the Hemlock Society. The Australian doctor said he and U.S. supporters intend to build another suicide machine in the United States. The device consists of a coffee-can-sized canister, an intravenous drip bag and nasal prongs. Chemicals are combined in the canister to produce carbon monoxide, which is inhaled." (Wired News: Futhermore)


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Statistik

Hamburg. Mehr als 11.000 Menschen nehmen sich pro Jahr in Deutschland das Leben. Das sind mehr Todesopfer als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten, Drogen und Aids zusammen. Hintergrund sind meist psychische Störungen, vor allem Depressionen. (Bild-Zeitung, 11.1.2003, S. 9)


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Samstag, 11. Januar 2003


Compton-Burnett: Männer und Frauen (1)

"Ich sehe nicht ein, warum wir nicht unser Leben beenden sollten, wenn wir es wünschen", sagte Jermyn. "Vielleicht würden dann die Menschen nicht so viel oder so lange leiden, wie wir meinen", sagte Harriet wie zu sich. "Harriet, meine Liebe!" sagte Godfrey, während Dominic, unwillkürlich bestürzt, zur Gastgeberin hinüberblickte. "Sein Leben selbst zu beenden, beweist einen Mangel an Mut", sagte Agatha mit milder Nachsicht für alle menschlichen Handlungen. "Ich glaube, es erfordert zuviel Mut. Ich jedenfalls wäre eine zu feige Seele, es auch nur zu versuchen", sagte Geraldine. (Ivy Compton-Burnett: Männer und Frauen, S. 109)


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Donnerstag, 9. Januar 2003


Bausch: Eine austerbende Art

Eine Ehefrau, Ende Fünfzig, bringt sich um, weil sie mit dem Verkauf ihres Hauses die Aussicht "auf die im Morgennebel schwimmenden Berge Virginias" verlieren wird. Verstört verfallen Verwandte und befreundete Paare nach diesem Selbstmord wieder in ihre Kommunikationslosigkeit, ohne etwas von der Toten oder sich selbst begriffen zu haben. [Weiter]. -- Bausch, Richard: Eine aussterbende Art. Göttingen: Steidl, 2000. 139 S. ISBN: 3-882-43714-6.


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Sonntag, 5. Januar 2003


Der Mythos jugendlichen Massensuizids in Japan

"In einer Gegenüberstellung japanischer und deutscher Suizidraten weist (Susanne) Kreitz-Sandberg nach, daß die noch Mitte der fünfziger Jahre den internationalen Mittelwert deutlich überragende Selbstmordquote in Japan sich im Zuge der fortgeschrittenen Industrialisierung und Stabilisierung der Lebensumstände auf einem mit Deutschland vergleichbaren Niveau konsolidierte.

Da sich die Quoten seit den sechziger Jahren zunehmend angeglichen haben, existieren heute praktisch keine Unterschiede mehr in der proportionalen Häufigkeit des Jugendsuizids in beiden Ländern.

Die Genese der populären Vorstellung von Japan als Nation mit außergewöhnlich hohen Suizidraten begann in den fünfziger Jahren und hatte ein Jahrzehnt später bereits als überholt zu gelten.

Wichtige Reproduktionsmechanismen dieser Konzeption ortet Kreitz-Sandberg einerseits in den Medien und einem außergewöhnlich ausgereiften Diskursfeld in Japan, das eine spezifische Nachfrage nach kulturellen Erklärungsmustern befriedigt, andererseits in einer unfundierten, zum Teil relativistischen Betrachtung des Suizidphänomens durch Vertreter der Japanforschung, die eine Suizidethik als kulturelle Manifestation interpretieren und als griffigen Parameter für die Identifikation sozialpathologischer Konsequenzen eines rigiden Gesellschaftssystems, eines harten Wettbewerbdrucks in den Bildungsinstanzen oder der Schikanen unter japanischen Schülern instrumentalisieren." Quelle

Einfacher gesagt: Dass sich in Japan mehr Jugendliche umbringen als in Deutschland, stimmt nicht. Auch immer wieder behauptete Zusammenhänge zwischen dem Charakter des japanischen Bildungssystems und einer hohen Suizidrate lassen sich nicht aufrechterhalten.


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Freitag, 3. Januar 2003


Albert Camus über den Selbstmord

"Es gibt nur ein wirkliches ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Die Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie. [..] Was für ein unberechenbares Gefühl raubt nun dem Geist den lebensnotwendigen Schlaf? Eine Welt, die sich - wenn auch mit schlechten Gründen - deuten und rechtfertigen läßt, ist immer noch eine vertraute Welt. Aber in einem Universum, das plötzlich der Illusion und des Lichtes beraubt ist, fühlt der Mensch sich fremd. Aus diesem Verstoßensein gibt es für ihn kein Entrinnen, weil er der Erinnerungen an eine verlorene Heimat oder der Hoffnung auf ein gelobtes Land beraubt ist. Dieser Zwiespalt zwischen dem Menschen und seinem Leben, zwischen dem Schauspieler und seinem Hintergrund ist eigentlich das Gefühl der Absurdität. Da alle normalen Menschen an Selbstmord gedacht haben, wird es ohne weiteres klar, dass zwischen diesem Gefühl und der Sehnsucht nach dem Nichts eine direkte Beziehung besteht. [..] Das Gefühl der Absurdität kann einen beliebigen Menschen an einer beliebigen Straßenecke anspringen. Es ist in seiner trotzlosen Nacktheit, in seinem glanzlosen Licht nicht zu fassen. Doch ist gerade diese Schwierigkeit des Nachdenkens wert. [..] Dann stürzen die Kulissen ein. Aufstehen, Straßenbahn, vier Stunden Büro oder Fabrik, Essen, Straßenbahn, vier Stunden Arbeit, Essen, Schlafen, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, immer derselbe Rhythmus - das ist sehr lange ein bequemer Weg. Eines Tages aber steht das 'Warum' da, und mit diesem Überdruss, in den sich Erstaunen mischt, fängt alles an. 'Fängt an' - das ist wichtig. Der Überdruss ist das Ende eines mechanischen Lebens, gleichzeitig aber auch der Anfang einer Bewußtsseinsregung. Er weckt das Bewusstsein und bereitet den nächsten Schritt vor. Der nächste Schritt ist die unbewusste Umkehr in die Kette oder das endgültige Erwachen. Schließlich führt dieses Erwachen mit der Zeit folgerichtig zu der Lösung: Selbstmord oder Wiederherstellung." (Albert Camus: Der Mythos von Sisyphos. Hamburg: Rowolt. Seite 9, 11, 15, 16)


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Mittwoch, 1. Januar 2003


Salzburger Nachrichten, 1975

"Zweitausend Menschen pro Jahr versuchen im Bundesland Salzburg ihrem Leben selbst ein Ende zu machen, ein Zehntel dieser Selbstmordversuche endet tödlich. Damit hält Salzburg in Österreich, das mit Ungarn und Schweden die höchste Selbstmordrate aufweist, österreichischen Rekord." (Salzburger Nachrichten am 6. Mai 1975)


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Geklaut beim Salbader
Geklaut beim Salbader

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Das Weblog Freitod definiert schon mit seinem Namen das Thema, das es enthält: Aspekte des Suizids sollen in gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht erörtert werden. Freitod ist ein kollaboratives Weblog, das allen registrierten Antville-Usern ermöglicht, sich zu beteiligen, indem sie entweder Einträge verfassen oder Kommentare zu den Einträgen schreiben können. Abgrenzend sei gesagt, dass nicht um Sinn und Daseinsberechtigung des Freitodes diskutiert werden soll und dass es sich auch nicht um ein Selbshilfeforum für Gefährdete oder betroffene Angehörigen handelt.

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