Freitod - Weblog zum Selbstmord
[mit unsäglich origineller GIF-Animation]
 
Donnerstag, 9. Januar 2003


Bausch: Eine austerbende Art

Eine Ehefrau, Ende Fünfzig, bringt sich um, weil sie mit dem Verkauf ihres Hauses die Aussicht "auf die im Morgennebel schwimmenden Berge Virginias" verlieren wird. Verstört verfallen Verwandte und befreundete Paare nach diesem Selbstmord wieder in ihre Kommunikationslosigkeit, ohne etwas von der Toten oder sich selbst begriffen zu haben. [Weiter]. -- Bausch, Richard: Eine aussterbende Art. Göttingen: Steidl, 2000. 139 S. ISBN: 3-882-43714-6.


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Sonntag, 5. Januar 2003


Der Mythos jugendlichen Massensuizids in Japan

"In einer Gegenüberstellung japanischer und deutscher Suizidraten weist (Susanne) Kreitz-Sandberg nach, daß die noch Mitte der fünfziger Jahre den internationalen Mittelwert deutlich überragende Selbstmordquote in Japan sich im Zuge der fortgeschrittenen Industrialisierung und Stabilisierung der Lebensumstände auf einem mit Deutschland vergleichbaren Niveau konsolidierte.

Da sich die Quoten seit den sechziger Jahren zunehmend angeglichen haben, existieren heute praktisch keine Unterschiede mehr in der proportionalen Häufigkeit des Jugendsuizids in beiden Ländern.

Die Genese der populären Vorstellung von Japan als Nation mit außergewöhnlich hohen Suizidraten begann in den fünfziger Jahren und hatte ein Jahrzehnt später bereits als überholt zu gelten.

Wichtige Reproduktionsmechanismen dieser Konzeption ortet Kreitz-Sandberg einerseits in den Medien und einem außergewöhnlich ausgereiften Diskursfeld in Japan, das eine spezifische Nachfrage nach kulturellen Erklärungsmustern befriedigt, andererseits in einer unfundierten, zum Teil relativistischen Betrachtung des Suizidphänomens durch Vertreter der Japanforschung, die eine Suizidethik als kulturelle Manifestation interpretieren und als griffigen Parameter für die Identifikation sozialpathologischer Konsequenzen eines rigiden Gesellschaftssystems, eines harten Wettbewerbdrucks in den Bildungsinstanzen oder der Schikanen unter japanischen Schülern instrumentalisieren." Quelle

Einfacher gesagt: Dass sich in Japan mehr Jugendliche umbringen als in Deutschland, stimmt nicht. Auch immer wieder behauptete Zusammenhänge zwischen dem Charakter des japanischen Bildungssystems und einer hohen Suizidrate lassen sich nicht aufrechterhalten.


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Freitag, 3. Januar 2003


Albert Camus über den Selbstmord

"Es gibt nur ein wirkliches ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Die Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie. [..] Was für ein unberechenbares Gefühl raubt nun dem Geist den lebensnotwendigen Schlaf? Eine Welt, die sich - wenn auch mit schlechten Gründen - deuten und rechtfertigen läßt, ist immer noch eine vertraute Welt. Aber in einem Universum, das plötzlich der Illusion und des Lichtes beraubt ist, fühlt der Mensch sich fremd. Aus diesem Verstoßensein gibt es für ihn kein Entrinnen, weil er der Erinnerungen an eine verlorene Heimat oder der Hoffnung auf ein gelobtes Land beraubt ist. Dieser Zwiespalt zwischen dem Menschen und seinem Leben, zwischen dem Schauspieler und seinem Hintergrund ist eigentlich das Gefühl der Absurdität. Da alle normalen Menschen an Selbstmord gedacht haben, wird es ohne weiteres klar, dass zwischen diesem Gefühl und der Sehnsucht nach dem Nichts eine direkte Beziehung besteht. [..] Das Gefühl der Absurdität kann einen beliebigen Menschen an einer beliebigen Straßenecke anspringen. Es ist in seiner trotzlosen Nacktheit, in seinem glanzlosen Licht nicht zu fassen. Doch ist gerade diese Schwierigkeit des Nachdenkens wert. [..] Dann stürzen die Kulissen ein. Aufstehen, Straßenbahn, vier Stunden Büro oder Fabrik, Essen, Straßenbahn, vier Stunden Arbeit, Essen, Schlafen, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, immer derselbe Rhythmus - das ist sehr lange ein bequemer Weg. Eines Tages aber steht das 'Warum' da, und mit diesem Überdruss, in den sich Erstaunen mischt, fängt alles an. 'Fängt an' - das ist wichtig. Der Überdruss ist das Ende eines mechanischen Lebens, gleichzeitig aber auch der Anfang einer Bewußtsseinsregung. Er weckt das Bewusstsein und bereitet den nächsten Schritt vor. Der nächste Schritt ist die unbewusste Umkehr in die Kette oder das endgültige Erwachen. Schließlich führt dieses Erwachen mit der Zeit folgerichtig zu der Lösung: Selbstmord oder Wiederherstellung." (Albert Camus: Der Mythos von Sisyphos. Hamburg: Rowolt. Seite 9, 11, 15, 16)


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Mittwoch, 1. Januar 2003


Salzburger Nachrichten, 1975

"Zweitausend Menschen pro Jahr versuchen im Bundesland Salzburg ihrem Leben selbst ein Ende zu machen, ein Zehntel dieser Selbstmordversuche endet tödlich. Damit hält Salzburg in Österreich, das mit Ungarn und Schweden die höchste Selbstmordrate aufweist, österreichischen Rekord." (Salzburger Nachrichten am 6. Mai 1975)


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Samstag, 21. Dezember 2002


Das Trauma der Hinterbliebenen

Jedes Jahr bringen sich in Deutschland mehr Menschen um als es Verkehrsopfer gibt. Ihr Tod hinterläßt Freunde und Angehörige in einem Chaos von Gefühlen. Oft verschweigen sie aus Scham die wahre Todesursache. Manfred Otzelberger hat mit zahlreichen Betroffenen gesprochen, anhand dieser Beispiele zeigt er auf, mit welchen Problemen Hinterbliebene konfrontiert sind und wie sich diese bewältigen lassen. Aus der Sicht der Angehörigen beschreibt er den Freitod in seiner vielfältigen Gestalt: der Freitod des Kindes, der Eltern, eines Geschwisters, des Partners. Der praktische Teil bietet konkrete Hilfe: Ratschläge zur Trauerarbeit, Hinweise zum Umgang mit Behörden, Versicherungen und Medien sowie aktuelle Adressen von Beratungs- und Informationsstellen, von Selbsthilfegruppen und Therapiemöglichkeiten. Otzelberger, Manfred: Suizid. Das Trauma der Hinterbliebenen. München: dtv, 2001. 254 S. Broschiert. ISBN: 3-423-36258-8. EUR 10.-


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Auf dem Buchmarkt

Holderegger, Adrian: Suizid - Leben und Tod im Widerstreit. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag, 2002. 128 S. ISBN: 3-7867-8432-9. Kart. EUR 8.90. Eine Rezension zum Buch gibt es hier. Und diese Webseite offeriert noch mehr Hinweise zu Büchern über Selbstmord, die allesamt zu den Amazon-Seiten weitergeleitet werden, wo Beschreibungen und Lesermeinungen oft dazu beitragen, daß man sich ein Bild machen kann.


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Ungewöhnliche Selbstmorde

Ein paar ungewöhnliche Selbstmorde werden hier beschrieben. Beispiel? "In den Fünfziger Jahren beging der 28jährige Fernand Moulin einen sonderbaren Selbstmordversuch. Der Lebensmüde hatte am Schwanz einer Katze eine Schnur befestigt, deren zweites Ende an den Abzug eines gegen seine Brust gerichteten Gewehres gebunden war. Moulin schreckte dann die Katze und löste so den Schuß aus."


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Suizidgefährdung konstant

Menschen, die schon einmal versucht haben, sich das Leben zu nehmen, sind nicht nur Jahre danach, sondern auch Jahrzehnte später suzidgefährdet, wie eine Studie Londoner Psychiater jetzt ergeben hat. Gary R. Jenkins von der Abteilung für Psychiatrie am Londoner East Ham Memorial Hospital hat zusammen mit Kollegen den Weg von 140 Patienten verfolgt, die zwischen Mai 1977 und März 1980 wegen versuchter Selbsttötung in einem Londoner Krankenhaus behandelt worden waren ("British Medical Journal"325, 2002, 1155). Anhand der Mitteilungen über erfolgte Selbsttötungen der betroffenen Personen in den folgenden Jahren stellte Jenkins fest, daß die Suizid-Gefährdung auch Jahre nach dem ersten Ereignis konstant blieb und selbst 22 Jahre danach signifikant höher lag als normal. Im ersten Jahr nach dem Selbsttötungsversuch ist die Suizidgefährdung sogar 100 mal höher als bei der Allgemeinbevölkerung. Eine intensive Betreuung kann die Patienten von weiteren Versuchen abhalten. [X]


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Gewaltopfer meist suizidgefährdet

Wer Gewalt erfährt, neigt dazu, sich selbst Gewalt anzutun. Zwei Drittel der Gewaltopfer sind suizidgefährdet, ergab eine Studie an der Universität Köln, 13 Prozent versuchten tatsächlich, sich das Leben zu nehmen. Unter Leitung von Professor Gottfried Fischer, Direktor am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Köln, wertete Hildegard Licher 47 Patientengespräche aus. Die meisten weiblichen Gewaltopfer waren durch ein Sexualdelikt traumatisiert worden, wobei die Täter häufig aus dem Verwandten- oder Freundeskreis kamen. Auffällig war, daß nach Gewalttaten zwar Männer häufiger an Suizid denken, Frauen aber öfter versuchen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Die meisten Gewaltopfer klagten auch über Angst sowie Streßsymptome und machten sich Selbstvorwürfe. Über die Hälfte jener, die Gewalt erfahren hatten, verlor im Anschluß an die Tat den Arbeitsplatz, wobei Männer mit 62 Prozent hiervon stärker betroffen waren. 82 Prozent der Befragten betonten außerdem, daß sie ihren Arbeitsalltag schwieriger empfänden als vor dem Ereignis. Nach einer Therapie sank die Zahl jener, die an Suizid dachten, um 20 Prozent. Auch die Arbeitsausfälle ließen sich um die Hälfte reduzieren. [X]


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Freitag, 20. Dezember 2002


Hitlers Selbstmord

Wie genau hat Adolf Hitler sich umgebracht? Die letzten Geheimnisse dieses Falls will der weltweit renommierte Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke jetzt lüften. Mehr


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Donnerstag, 19. Dezember 2002


Welches Gift nahm Mireille Jospin?

Mireille Jospin (92), die Mutter des früheren französischen Premierministers Lionel Jospin, hat sich das Leben genommen. Die frühere Hebamme war Mitglied der "Gesellschaft für das Recht, in Würde zu sterben". Ihre vier Kinder erklärten, "sie habe sich in Gelassenheit entschlossen, das Leben zu verlassen." Warum, und wie sich Madame Jospin das Leben nahm, ist unklar. Die Zeitung "Journal du Dimanche": Sie fand es unerträglich, ihrer Familie und der Gesellschaft zur Last zu fallen.


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Sonntag, 15. Dezember 2002


Mediale Verantwortung

Influences of the media on suicide. Researchers, policy makers, and media personnel need to collaborate on guidelines.


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Montag, 9. Dezember 2002


Selbstmord als Kunstaktion missverstanden

Der Tod als letztes Kunstwerk: Nach dem Selbstmord einer 24-jährigen Frau in der Berliner Künstlerszene haben Passanten die Leiche zunächst bestaunt und fotografiert, weil sie an eine künstlerische Inszenierung glaubten. Erst ein zwölfjähriger Junge erkannte, dass die Frau wirklich tot war, wie der "Tagespiegel" am Mittwoch berichtete. Die Polizei bestätigte den Selbstmord, der sich bereits Mittwoch vergangener Woche ereignet habe. Die junge Künstlerin hatte sich das Kunsthaus Tacheles, eine von Galerien, Malern und Musikern genutzte Ruine im Bezirk Mitte, offenbar gezielt ausgewählt. Sie war der Zeitung zufolge am Vorabend bei einer Künstlergruppe im Haus erschienen und habe ihre Selbstmordabsicht beschrieben. Die Gruppe habe das Gespräch auf Video aufgenommen. Ein Mann aus der Gruppe habe die junge Frau von ihrer Absicht abbringen wollen und sie auch nach Hause gebracht. Doch die 24-Jährige kam dem Bericht zufolge am frühen Mittwochmorgen wieder und stürzte sich aus dem fünften Stock des Tacheles. Als sie am Vormittag von Touristen und einer Schülergruppe entdeckt wurde, fotografierte ein Pärchen zunächst die Leiche, ohne sie als solche zu erkennen. Die beiden hätten die Tote für eine "Performance oder Installation" gehalten. Ein Sprecher der Polizei erklärte, sie sei sofort alarmiert worden, nachdem die Leiche als solche erkannt worden war. Offenbar habe niemand beobachtet, wie sich die Frau von dem Haus stürzte. [X]


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Geklaut beim Salbader
Geklaut beim Salbader

Hinweis in eigener Sache
Das Weblog Freitod definiert schon mit seinem Namen das Thema, das es enthält: Aspekte des Suizids sollen in gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht erörtert werden. Freitod ist ein kollaboratives Weblog, das allen registrierten Antville-Usern ermöglicht, sich zu beteiligen, indem sie entweder Einträge verfassen oder Kommentare zu den Einträgen schreiben können. Abgrenzend sei gesagt, dass nicht um Sinn und Daseinsberechtigung des Freitodes diskutiert werden soll und dass es sich auch nicht um ein Selbshilfeforum für Gefährdete oder betroffene Angehörigen handelt.

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