Freitod - Weblog zum Selbstmord [mit unsäglich origineller GIF-Animation] |
Selbstmord aus Freude am Leben? Vor kurzem hat sich ein lieber Freund von mir erhängt. Er war 20. Liebe Freundin, toller neuer Job, keine finanziellen Mängel oder Mängel sonstiger Art. Hat mir gegenüber einmal erwähnt er würde sich umbringen, wenn er keine Freundin fände (er war damals 16). Kann mir jemand helfen zu verstehen, was da passiert ist. Ich kann es einfach nicht fassen.
dogwithoutabone,
01.11.04, 10:07 ,
Hinterbleiben
kaffeepause,
1. November 2004 um 11:18:15 MEZ
Versuche dich nicht zu quälen. Ich kenne deine Gedanken aus eigener Erfahrung, auch ich sehe bis heute noch keinen Grund, kann es mir nicht erklären und genauso wenig akzeptieren. Du suchst nach Gründen, wirst allerdings keine befriedigenden finden. Kurzschlußreaktionen entziehen sich unserem Verständnis. Wünschte ich könnte dir helfen. Bleib stark!Bleib stark!
chrystle,
1. November 2004 um 13:17:57 MEZ
diese frage... ...stelle ich mir auch schon seit august. da hat sich meine beste freundin und mitbewohnerin vor einen zug geworfen, unfall definitiv ausgeschlossen. am anfang war das schwer zu begreifen, nach einiger zeit und gespraechen mit vielen ihrer arbeitskollegen und familie/freunde hat sich gezeigt, dass sie wohl ein doppelleben gefuehrt hat und stark depressiv war. ich frage mich, wie ich ueber monate nicht mitbekommen kann, dass meine beste freundin jeden tag aufsteht und die wohnung verlaesst um arbeiten zu gehen, aber in der arbeit nie ankam, weil sie krank gemeldet war? wie sie depressiv sein kann, aber mit mir so herzhaft lachen kann? und wie sie paralell zu ihrem leben mit mir sich selber so hassen konnte, das sie sich umbringen musste? und warum sie nicht einmal etwas gesagt hat? warum sie geglaubt hat das ihr da niemand helfen kann oder will? ich wuensche dir das du antworten findest, ich habe angefangen aufzugeben danach zu suchen und es als tatsache zu akzeptieren, dass ich nicht alles verstehen kann... ich freu mich schoene erinnerungen an sie zu haben...
a-maris,
6. November 2004 um 17:25:03 MEZ
Depressionen / Schwermut / Melancholie Hallo chrystle, weiß nicht ob du diesen Eintrag noch liest. Du schreibst:
Ist nicht kritisch gemeint, aber du hast mit Depressionen keine Erfahrung, oder ? Kein Problem da zu lachen. Wenn ich wieder mal meine "Phase" habe dann kannst du mir auch einen Witz erzählen und ich werde immer noch lachen. Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Du könntest mich sogar noch zum Lachen bringen wenn ich mir schon die Pistole an die Schläfe halten würde. Ich würde lachen und trotzdem einen Moment später den Abzug ziehen. Diese Dinge sind sehr gut voneinander zu trennen. Liebe Grüße, Amaris
chrystle,
29. November 2004 um 16:44:19 MEZ
da hast du recht... ich hab mit depressionen wirklich keine erfahrung, ich bin anscheinend eine der wenigen gluecklichen personen die bis zu diesem erlebnis von dramatischen, einschneidenden erlebnissen verschont wurde. du darfst diesen einen satz aus meinem posting nicht woertlich nehmen, mir ist schon klar dass man, wenn man depressiv ist, nicht permanent schlecht drauf ist und diese stimmungen wahrscheinlich auch gleichzeitig nebeneinander existieren koennen. was ich eigentlich damit meinte, ist: wie kann ein mensch (und nicht nur irgendeiner, sie war meine beste freundin, schon bevor wir zusammen gezogen sind) mit dem ich 90 prozent meiner freizeit verbringe, mit dem ich manchmal tagelang jede minute verbracht habe, sich soooo verstellen? soooo schauspielern? ich habe auch sooooo viele situationen vor augen, wo wir diese typischen 'weiber-gespraeche' hatten, und ueber unsere problemchen diskutiert haben. jetzt denke ich mir - mein gott, sie muss mich und meine probleme ja waehrend sie mir zu gehoert hat absolut laecherlich gefunden haben! wenn ich mir vorstelle (und das kann ich auch nur ansatzweise) was da im selben moment in wirklichkeit bei ihr innen drinnen los war... wie gesagt, ist im prinzip auch egal, ich werds wohl nie verstehen koennen glaub ich.
mäxchi,
8. November 2004 um 07:12:03 MEZ
Wenn diese,meist liebenswerten Menschen,Freude am Leben gehabt hätten,wären sie auch noch da.Ich befasse mich seit dem Freitod meines lieben Neffen 23 Jahre jeden Tag damit.Es war mitte Juni.Es ist der reinste Wahnsinn,es gibt eigentlich keine Worte dafür.Darum versuche ich mich in die Denkweise rein zu versetzen,denn die Auslöser sind niemals die Ursache dafür.Man muß viel früher zurück sehen.Was ist passiert vielleicht in der Kindheit?Welche Mauern haben sich um diese liebenswerten Menschen errichtet,die für uns nicht sichtbar waren.Man wird es nie fassen können.Tödlich wird es wenn sich dieser Gedanke des Freitodes im Kopf manifestiert und sich der viel zu junge Mensch halbso gibt wie er ist, dann bist du machtlos ihm etwas anzumerken um zu helfen.Es bleiben wahsinnige Vorwürfe,es geht alles hin und her,jede Episode alles Erlebte,man ist ständig auf der Suche.Ich wünsche dir einen Menschen mit dem du reden kannst und viel Kraft!
manfred4600,
9. November 2004 um 13:40:00 MEZ
Mögliche Erklärungen gibt es viele . . . Meine Beobachtungen sind zu diesem Thema: Äußere Umstände sind zwar oft logisch aber eben auch oft unlogisch. Für mich stellte sich immer die Frage: Jetzt haben wir einen solchen Lebensstandard in den Industriestaaten geschaffen, jedoch die Menschen werden immer depressiver. Die psychologischen Erklärungen von liebloser Umgebung, Kindheitstraumata udgl. hinkten für mich genauso wie die schulmedizinischen Erklärungen. Dann habe ich es durch einen "geheilten" so erfahren: In den Industriestaaten ist die Zunahme von toxischen Stoffen dramatisch angestiegen (natürlich insgesamt weltweit). Durch die industrielle Herstellung von Nahrungsmitteln kommt es im Körper zu permanenter Unterversorgung mit Spurenelementen und Vitaminen, da die meisten Lebensmittel nicht mehr ausreichend frisch sind. Durch diese permanente Unterversorgung "verhungern" wir buchstäblich vor vollen Tellern. Daß dies auch psychische Auswirkungen hat, sagt einem der Hausverstand. Das heißt, in psychischen oder körperlichen Streßsituationen "klinkt" der Mensch dann aus und es kommt für außenstehende Beobachter zu ungewöhnlichem Verhalten bis eben hin zum Suizid. Neben diesem Mangel an Seelennahrung wie: unsere Zeitqualität, Arbeitsplatzsorgen, Zukunftsängste (die hatten die Menschen aber immer) kommt noch der "Lebensmittelmangel", deshalb heißt auch unsere Nahrung nur mehr "Nahrungsmittel" (Bauchfüller), das heißt, die lebenwichtigen Nährstoffe für Körper, Geist und Seele ist nicht mehr in ausreichendem Ausmaß vorhanden. Ein Ausgleich ist möglich (ich sah es bei eben diesem Geheilten): mit guten Nahrungsergänzungsmitteln oder Ernährung mit biologischem Gemüse und Lebensmitteln, so gut es geht, industrielle Nahrungsmittel und Zucker, weißes Mehl meiden - wann immer es geht. Eine Betrachtung rein aus psychologischer Sicht ist sicherlich nicht mehr ausreichend, ein Abschieben nur auf die Ernährungsschiene ist jedoch auch keine allumfassende Erklärung. Also: ganzheitliche Betrachtung so gut es geht: Naturheilkunde, Schulmedizin, Psychologie, aber auch spirituelle Gespräche mit Priestern, Pädagogen und anderen erfahrenen Menschen können gut tun. Auch haben wir ein gesellschaftliches Kommunikationsproblem, das beweist auch die Fassungslosigkeit bei betroffenen Hinterbliebnen (man hat nichts bemerkt...). "Es steht nicht gut um den Suizidär, stand nicht zum besten für den Suizidanten. Wir sollten ihnen Respekt vor ihrem Tun und Lassen, sollten ihnen Anteilnahme nicht versagen, zumalen ja wir selber keine glänzende Figur machen. So wollen wir in ordentlicher Haltung, gesenkten Kopfes den beklagen, der uns in Freiheit verließ:" Jean Améry
dogwithoutabone,
9. November 2004 um 19:01:21 MEZ
Danke! Vielen Dank an euch alle, die schreiben und diskutieren. Danke für die Anteilnahme, spüre, dass ich nicht allein bin. Es gibt inzwischen ein offizielles "Motiv" für die Tat. Leider hat es sich die Kripo zu einfach gemacht. (zb. wurde neben ihm eine schwarze Katze erhängt gefunden, er liebte jedoch Tiere über Alles und hatte selbst einen Hund, so wie ich.) Wir werden es nie mehr wissen...
luise,
14. November 2004 um 17:07:22 MEZ
Das Leben war schön, es war einfach schön, es war vielleicht sogar perfekt, so schön und perfekt, dass der Gedanke, das alles verlieren zu können, unerträglich war und man das alles festhalten möchte, bis in alle Ewigkeit und was dauert ewiger als der Tod? Alle letzten Wünsche auf einmal erfüllt, der beste Zeitpunkt zum Sterben.
lorenznolfi,
27. Januar 2006 um 21:10:31 MEZ
Ich glaube, dass Menschen, die nie eine Depression hatten (so wie ich), die Menschen nicht nachvollziehen können, die sich umbringen. Ich möchte dir mein Erlebnis erzählen, das ich gehabt habe, einfach nur so zur verarbeitung für mich. Ich bin 15 und gehe noch in die Schule. Ich mag meinen Vater über alles. Leider sind meine Eltern getrennt (waren) und er wohnt in einer Wohnung im gleichen Dorf wie ich. Als ich ihn heute nach der Schule besuchen wollte und klinglte, öffnete niemand die Tür, nur der Hund bellte. Ich klingelte noch einmal und wieder bellte nur der Hund. Also ging ich zur Hintertür, die eine Glasscheibe hatte und wollte dort eintreten, doch sie war abgeschlossen. Ich warf einen kurzen Blick in die Waschküche(dort war die Tür) und sah da jemanden stehen. Ich dachte mir nichts dabei und klingelte noch dreimal, aber nur der Hund bellte. Also ging ich noch einmal zur Hintertür, die normalerweise immer offen ist, und schaute genauer hin. Dann traf mich der Schock, der Mann, der da stand, war mein Vater! Ich hämmerte gegen die Tür und schrie, aber er regte sich nicht. Er hatte sich mit einem Kabel erhängt. Sobald ich merkte, dass mein Vater Tod ist, führ ich mit dem Fahrrad nach Hause und telefonierte der Polizei. Später musste mir meine Mutter bestätigen, dass er tot ist. Mein Vater hatte alles genauestens vorbereitet, sogar die Hintertür hat er abgeschlossen, falls ich kommen sollte. Und anscheinend wollte er nicht mehrere Tage in seiner Wohnung liegen, wahrscheinlich wegen seinem Hund und wegen uns, damit man ihn möglichst bald entdeckt. Er hat auch Briefe geschrieben, einen für uns und einen für die Polizei. Ich denke, wenn sich einer erhängt, ist das sehr überdacht und nicht eine "kleine Phase". Kopf hoch! Das Leben muss weitergehen. |
Geklaut beim Salbader
Hinweis in eigener Sache Das Weblog Freitod definiert schon mit seinem Namen das Thema, das es enthält: Aspekte des Suizids sollen in gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht erörtert werden. Freitod ist ein kollaboratives Weblog, das allen registrierten Antville-Usern ermöglicht, sich zu beteiligen, indem sie entweder Einträge verfassen oder Kommentare zu den Einträgen schreiben können. Abgrenzend sei gesagt, dass nicht um Sinn und Daseinsberechtigung des Freitodes diskutiert werden soll und dass es sich auch nicht um ein Selbshilfeforum für Gefährdete oder betroffene Angehörigen handelt. Suchen Sie Erste Hilfe, ob selbst oder für eine Freundin oder einen Freund dann probieren Sie diesen Link oder diesen Link (Österreich) aus oder diesen pragmatischen Hinweis: "Nur nicht heute."
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Zuletzt aktualisiert: 20.05.2024, 20:24 Uhr Amok
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