Freitod - Weblog zum Selbstmord
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Markus Werner: Festland

Fest steht: die Mutter hat dich geliebt, abgöttisch, das ist der Grund, warum wir zweifeln müssen an ihrer Absicht zu sterben, sie wollte es vielleicht ein wenig tun, ein Stück weit tun, wie jemand, der sich aus dem Fenster des zwölften Stockes lehnt, sich fallen läßt im Geist, das Gleichgewicht verliert und wirklich fällt, verstehst du, das ist kein eigentlicher Freitod, das ist der Sog der Möglichkeiten. (Markus Werner: Festland, S. 85)


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Abelard und Heloise

Die Gründe wider den Selbstmord, die du mir unfehlbar entgegensetzen wirst, kannst du bei dir behalten. Ich weiß sie alle; sie helfen mir aber zu nichts. Sie martern mich bloß, machen mir meinen Tod schwerer. Begeh' ich den Selbstmord nicht, so werd' ich größere Fehler begehen. Ich will also lieber den kleinern--- (Jean Paul: Abelard und Heloise)


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Unvorstellbar

Ruhig sagte Poirot: "Sie haben zweimal das Wort 'unvorstellbar' gebraucht, Captain Lake. Kommt es denn für Sie derart überraschend, daß Sir Gervase Selbstmord verübt hat?" "Das kann ich allerdings behaupten! Es ist zwar kein Geheimnis, daß er völlig übergeschnappt war. Aber trotzdem kann ich mir einfach nicht vorstellen, daß er glaubte, die Welt könne ohne ihn auskommen." (Agatha Christie: Auch Pünktlichkeit kann töten)


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Christie, Pünktlichkeit

"Sie haben demnach keine Ahnung, warum er sich erschossen haben könnte?" Langsam sagte Hugo: "Ach Gott - so kann man es nun auch wieder nicht ausdrücken..." "Sie haben also eine gewisse Ahnung?" "Ja - schon -, es ist so schwer zu erklären. Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, daß er Selbstmord verüben würde, aber so fürchterlich überrascht es mich nun auch nicht. Wenn Sie es genau wissen wollen, Monsieur Poirot: Mein Onkel war völlig übergeschnappt. Das war jedem klar." "Und das genügt Ihnen als Erklärung?" "Bringen sich denn nicht auch Leute um, die nur leicht blöd sind?" "Das ist eine Erklärung von bewundernswerter Schlichtheit." (Agatha Christie: Auch Pünktlichkeit kann töten)


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Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran

"Im Salon nahm der Kommissar meine Hand und sagte freundlich zu mir:

"Mein Junge, wir haben eine schlechte Nachricht für Sie. Ihr Vater ist tot."

Ich weiß nicht, was mich im Grunde mehr überrascht hat, der Tod meines Vaters oder daß der Bulle Sie zu mir gesagt hat. Jedenfalls bin ich daraufhin erst mal in den Sessel gesackt.

"Er hat sich in der Näher von Marseille vor einen Zug geworfen."

Auch das war merkwürdig: Deswegen nach Marseille zu fahren! Züge gibt es doch überall ..."

(Amman Verlag & Co. Zürich, S. 62 f.)

Daneben nicht nur im Film, ab Januar 2005 wohl auch im Aachener Grenzlandtheater.


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Simenon, Bellas Tod

"Ist Ihr Vater schon lange tot?" "Ungefähr zwanzig Jahre." "Und woran ist er gestorben, wenn man fragen darf?" Ashby zögerte, blickte sich um, als wollte er die vertrauten Gegenstände, die ihn umgaben, um Rat fragen, hob schließlich den Kopf und sah Averell an. "Er hat es vorgezogen, aus dem Leben zu gehen." (Georges Simenon: Bellas Tod, S. 68)


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Vila-Matas: Vorbildliche Selbstmorde

Mein armer, lieber Hans, dachte sie, während sie das Fenster öffnete und die kalte Morgenluft mit einem Schlag den ganzen Raum durchdrang, und Rosa Schwarzer grübelte über das ausweglose Unglück ihres Sohnes nach, und da kam ihr plötzlich in den Sinn, sich ins Leere stürzen oder, besser gesagt, in den harten Hof der Nachbarin, die zweite Gelegenheit, die sich ihr darbot, zu nützen, ebenso einfach wie unübertrefflich, um sich das Leben zu nehmen und frei zu werden, indem sie sich von allem und jedem losmachte und endlich aus dieser tragischen, grotesken Welt schied. (Enrique Vila-Matas: Vorbildliche Selbstmorde, S. 49)


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Vilas-Matas: Vorbildliche Selbstmorde

Damals hörte ich zum ersten Mal von der Existenz eines drängenden Verlangens, das manche Menschen überkommt und Selbstmord heißt. Und ich erinnere mich noch daran, wie sehr es mich berührte, daß man diesem Verlangen allein, geschützt vor allen Blicken, im Schatten und in aller Stille nachgibt. Ich erinnere mich an das Schweigen zwischen Horacio und mir an jenem Tag, als dächten wir an die Menschen, die, vor allen Blicken geschützt, dem einsamen Verlangen nachgegeben und so die einzig mögliche Fülle erlebt hatten, die Erfüllung im Selbstmord. Und ich weiß auch noch, daß der Schulhof so verlassen dalag wie eine viereckige Ewigkeit. (Enrique Vila-Matas: Vorbildliche Selbstmorde, S. 19)


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Leere Drohung

Nach einer tiefen, letzten Kränkung, mit welcher die Mutter den gemeinen Wortwechsel beim Abendbrot schließlich ausfaucht, verläßt der Vater den gemeinsamen Tisch und schließt sich in sein Zimmer ein. Nicht einmal das Kind, das später zur Versöhnung geschickt wird, erlangt Zutritt. Erst kurz vor Mitternacht kommt er wieder hevor, kleidet sich zum Ausgang an und meldet der Mutter kurz, er haben noch einen Weg vor und zwar jenen zum Wasserwerk, der über eine gewisse Brücke, an einem gewissen Bahndamm entlangführt, wie bekannt. Über die Uhrzeit der Rückkehr wird dunkel getan. Das kleine Mädchen steht dabei und heult erbärmlich gegen den Vater, der sie so grausam auf Nimmerwiedersehn anblickt. Wenn er gegen Morgen den Schlüssel ins Türschloß steckt und Brücke und Schiene ihn noch einmal freigegeben haben, springt Grit aus ihrem Bett und rennt ihm entgegen, klammert sich an seine Hüfte, hängt ihm an die Tasdchen seines Mantels. Dann nimmt er die Kleine auf den Arm und sie lachen beide erlöst. (Botho Strauß: Rumor, S. 98)


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Christian Fürchtegott Gellert:

Der Selbstmörder

O Jüngling, lern aus der Geschichte,
Die dich vielleicht zu Tränen zwingt,
Was für bejammernswerte Früchte
Die Liebe zu den Schönen bringt!

Ein Beispiel wohlerzogner Jugend,
Des alten Vaters Trost und Stab,
Ein Jüngling, der durch frühe Tugend
Zur größten Hoffnung Anlaß gab;

Den zwang die Macht der schönen Triebe,
Climenen zärtlich nach zu gehn;
Er seufzt, er bat um Gegenliebe;
Allein vergebens war sein Flehn.

Fußfällig klagt er ihr sein Leiden.
Umsonst! Climenen heißt ihn fliehn.
Ja, schreit er, ja ich will dich meiden,
Ich will mich ewig dir entziehn.

Er reißt den Degen aus der Scheide,
Und — — o was kann verwegner sein!
Kurz, er besieht sich Spitz und Schneide,
Und steckt ihn langsam wieder ein.


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Steinbeck: Straße der Ölsardinen

Er sagte sich, daß er an dem traurigen Vorfall nichts hätte ändern können, aber er wünschte, er hätte es vorher gewußt und hätte versucht zu helfen. Des Menschen Recht, sich den Tod zu geben, war für ihn unbestreitbar; diese Anschauung wurzelte tief in seinem menschlich duldsamen Gemüt. Aber manchmal könnte ein Freund die Ausübung dieses unverletzlichen Rechtes unmöglich machen, dachte er bekümmer. (John Steinbeck: Die Straße der Ölsardinen, S. 12)


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Selbstmord und andere Albernheiten

Die Apokalypse liegt längst hinter uns. Die Gorgone war schon da und läßt schön grüßen; mit steinernem Gesicht warten und warten wir hoffnungsfroh, ob nicht vielleicht doch noch etwas nachkommt, ehe die Sinnesorgane komplett zu Granit werden, aber was hätten wir denn davon? Das neugeborene Kind wird indes im Kreißsaal mit einem Konfettiregen empfangen und gekitzelt, damit es lacht. Lach doch. Es wird schon schön werden, wenn du etwas aus deinem Leben machst. In dieser Welt setzt die Vernunft aus und vernichtet sich selbst, sodaß jede Handlung Unsinn ist und nur noch als Symbol dienen kann: Lethargie ist Anarchie und das beste ist immer, gelähmt zu sein." (Quelle: Frank Michler)


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Den Rausch vorgezogen

Ich bin ihr verfallen, und du weißt es, wie ich leide, wie ich mich an der Grenze bewege, manchmal mit der Pistole spiele, denn eine Kugel genügt, diesem Elend, das ich für Glück halte, ein Ende zu bereiten, aber dann ziehe ich doch, unvernünftig und nicht verrückt, den roten Ungarn vor, den Rausch und diesen Rest von Hoffnung, Julia zu gewinnen, ihre Liebe zu wecken. (Peter Härtling: Hoffmann oder Die vielfältige Liebe, S. 187)


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Geklaut beim Salbader
Geklaut beim Salbader

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Das Weblog Freitod definiert schon mit seinem Namen das Thema, das es enthält: Aspekte des Suizids sollen in gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht erörtert werden. Freitod ist ein kollaboratives Weblog, das allen registrierten Antville-Usern ermöglicht, sich zu beteiligen, indem sie entweder Einträge verfassen oder Kommentare zu den Einträgen schreiben können. Abgrenzend sei gesagt, dass nicht um Sinn und Daseinsberechtigung des Freitodes diskutiert werden soll und dass es sich auch nicht um ein Selbshilfeforum für Gefährdete oder betroffene Angehörigen handelt.

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