Freitod - Weblog zum Selbstmord
[mit unsäglich origineller GIF-Animation]
 
Sonntag, 5. Januar 2003


Der Mythos jugendlichen Massensuizids in Japan

"In einer Gegenüberstellung japanischer und deutscher Suizidraten weist (Susanne) Kreitz-Sandberg nach, daß die noch Mitte der fünfziger Jahre den internationalen Mittelwert deutlich überragende Selbstmordquote in Japan sich im Zuge der fortgeschrittenen Industrialisierung und Stabilisierung der Lebensumstände auf einem mit Deutschland vergleichbaren Niveau konsolidierte.

Da sich die Quoten seit den sechziger Jahren zunehmend angeglichen haben, existieren heute praktisch keine Unterschiede mehr in der proportionalen Häufigkeit des Jugendsuizids in beiden Ländern.

Die Genese der populären Vorstellung von Japan als Nation mit außergewöhnlich hohen Suizidraten begann in den fünfziger Jahren und hatte ein Jahrzehnt später bereits als überholt zu gelten.

Wichtige Reproduktionsmechanismen dieser Konzeption ortet Kreitz-Sandberg einerseits in den Medien und einem außergewöhnlich ausgereiften Diskursfeld in Japan, das eine spezifische Nachfrage nach kulturellen Erklärungsmustern befriedigt, andererseits in einer unfundierten, zum Teil relativistischen Betrachtung des Suizidphänomens durch Vertreter der Japanforschung, die eine Suizidethik als kulturelle Manifestation interpretieren und als griffigen Parameter für die Identifikation sozialpathologischer Konsequenzen eines rigiden Gesellschaftssystems, eines harten Wettbewerbdrucks in den Bildungsinstanzen oder der Schikanen unter japanischen Schülern instrumentalisieren." Quelle

Einfacher gesagt: Dass sich in Japan mehr Jugendliche umbringen als in Deutschland, stimmt nicht. Auch immer wieder behauptete Zusammenhänge zwischen dem Charakter des japanischen Bildungssystems und einer hohen Suizidrate lassen sich nicht aufrechterhalten.


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