Freitod - Weblog zum Selbstmord [mit unsäglich origineller GIF-Animation] |
Dienstag, 5. November 2002
Selbstmord in Österreich & Wien Selbstmord passt zu Österreich, vor allem zu Wien. Ich habe dort lange genug gelebt, um dies zu verstehen. Das Zaubermittel war „die Gas", wie das früher noch giftige Gas dort hieß. Selbstmorde mit Gas waren so häufig, dass man in den Hausfluren der Bassena - Wohnungen zuerst gerochen hat, ob Gasgeruch in der Luft war und sich erst dann die Zigarette angezündet hat. Viele alte und kranke Menschen sind durch Gas aus dem Leben geschieden. Gelegentlich haben sie dann auch noch ihre ungeliebte Nachbarschaft bei den dabei passierenden Explosionen mit in den Tod genommen. Ich selbst hatte einige Zeit eine schwierige Nachbarin und tatsächlich hat auch sie sich mit Gas das Leben genommen. Wie bringen sich die Wiener und Wienerinnen heute um (sich "heimdrehen", wie es dort heißt), frage ich mich? Das Gas ist inzwischen wegen Umstellung auf Erdgas ungiftig geworden, hohe Türme, Brücken und Aussichtsplattformen sind fast überall so abgesichert, dass es schwierig geworden ist, noch runterzuspringen. Ich vermute, die heutige Wiener Variante ist der Selbstmord durch Genuss. Durch Essen bringen sich sicher viele um und noch mehr durch Trinken von Alkohol und durch das Rauchen. Oder manche werden es so machen wie Falco und sich mit dem Auto ins Jenseits befördern. (© Otto Buchegger)
Dostoevskij,
05.11.02, 12:44 ,
Wedekinds Frühlings Erwachen Lieber Herr Stiefel! (...) Es wäre umgekehrt die gröbste Verletzung meiner Pflicht als mütterliche Freundin, wollte ich mich durch Ihre momentane Fassungslosigkeit dazu bestimmen lassen, nun auch meinerseits den Kopf zu verlieren und meinen ersten nächstliegenden Impulsen blindlings nachzugeben. Ich bin gern bereit - falls Sie es wünschen - an Ihre Eltern zu schreiben. Ich werde Ihre Eltern davon zu überzeugen suchen, daß Sie im Laufe dieses Quartals getan haben, was Sie tun konnten, daß Sie Ihre Kräfte erschöpft, derart, daß eine rigorose Beurteilung Ihres Geschickes nicht nur ungerechtfertigt wäre, sondern in erster Linie im höchsten Grade nachteilig auf Ihren geistigen und körperlichen Gesundheitszustand wirken könnte. Daß Sie mir andeutungsweise drohen, im Fall Ihnen die Flucht nicht ermöglicht wird, sich das Leben nehmen zu wollen, hat mich, offen gesagt, Herr Stiefel, etwas befremdet. Sei ein Unglück noch so unverschuldet, man sollte sich nie und nimmer zur Wahl unlauterer Mittel hinreißen lassen. Die Art und Weise, wie Sie mich, die ich Ihnen stets nur Gutes erwiesen, für einen eventuellen entsetzlichen Frevel Ihrerseits verantwortlich machen wollen, hat etwas, das in den Augen eines schlecht denkenden Menschen gar zu leicht zum Erpressungsversuch werden könnte. Ich muß gestehen, daß ich mir dieses Vorgehens von Ihnen, der Sie doch sonst so gut wissen, was man sich selber schuldet, zuallerletzt gewärtig gewesen wäre. Indessen hege ich die feste Überzeugung, daß Sie noch zu sehr unter dem Eindruck des ersten Schreckens standen, um sich Ihrer Handlungsweise vollkommen bewußt werden zu können. Und so hoffe ich denn auch zuversichtlich, daß diese meine Worte Sie bereits in gefaßterer Gemütsstimmung antreffen. Nehmen Sie die Sache, wie sie liegt. Es ist meiner Ansicht nach durchaus unzulässig, einen jungen Mann nach seinen Schulzeugnissen zu beurteilen. Wir haben zu viele Beispiele, daß sehr schlechte Schüler vorzügliche Menschen geworden und umgekehrt ausgezeichnete Schüler sich im Leben nicht sonderlich bewährt haben. (...) Solche Krisen dieser oder jener Art treten an jeden von uns heran, und wollen eben überstanden sein. Wollte da ein jeder gleich zu Dolch und Gift greifen, es möchte recht bald keine Menschen mehr auf der Welt geben. Lassen Sie bald wieder etwas von sich hören und seien Sie herzlich gegrüßt von Ihrer Ihnen unverändert zugetanen mütterlichen Freundin Fanny G. [Wedekind: Frühlings Erwachen, S. 54. Digitale Bibliothek]
Dostoevskij,
05.11.02, 12:42 ,
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